Voraussetzungen für die Einführung von Knowledge Blogs in Organisationen
Gabi Reinmann und Tamara Bianco haben im Februar einen interessanten Arbeitsbericht veröffentlicht: Knowledge Blogs zwischen Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit. Aus dem Abstract:
Der Beitrag greift das Thema Blogs und dieses Defizit auf und spezifiziert diskutiert die Bedeutung speziell von Knowledge Blogs im Kontext von Wissensarbeit und persönlichem Wissensmanagement. Ziel ist es, Knowledge Blogs vor dem Hintergrund der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan zu betrachten und bereits bestehende empirische Befunde vor dem Hintergrund dieser Theorie zu reinterpretieren.
Reinmann und Bianco untersuchen dabei vor allem die Motivation, die hinter dem Knowledge Blogging steckt. Das ist auch für das Corporate-Umfeld eine sehr interessante Lektüre, da hier Erfahrungen aus der Einführung von Blogs in Unternehmen wissenschaftlich untermauert werden. Blogs und damit auch Knowledge Blogs lassen sich nicht einfach mit einem Fingerschnippen als ein neues Instrument des Wissensmanagements etablieren. Ich habe dazu ein paar Gedanken im E-Learning-Wiki zusammengetragen und das Fazit der beiden Autoren (sehr) stark verkürzt:
- Fazit 1: Nur wenn eine Organisation selbstbstimmendes Bloggen zulässt, haben Knowledge Blogs eine Chance. In dem Arbeitsbericht wird die dahinterstehende, notwendige Motivation beleuchtet (intrisisch, integrierte Regulation und identifizierte Regulation) und in einem eher pessimistischen Ton darüber geschrieben, ob Organisationen ein solches Umfeld bieten können. Äußere Vorgaben, Anreize und eine Verknüpfung von Blogs mit vorhandenen Strukturen werden benötigt, da nur die wenigsten Blogger rein intrinsisch motiviert sein werden.
- Fazit 2: Organisationen müssen einen weg finden, die internen Normen, die regulierten Verhaltensweisen mit dem für eine intrinsische Motivation notwendigen persönlichen Autonomierlebnis zu verknüpfen. Eine schwierige Forderung, zu der die Autoren schreiben: »Welche Organisationen könnten das sein? Würden Organisationen das wollen? Dürfen sie es wollen? Wären es dann noch Organisationen?«
- Fazit 3: Recht wolkig schreiben Reinmann und Binanco von »humanistischen Utopien« und dass man die Konsequenzen ganz zu Ende denken muss, wenn man daran geht, Aspekte solcher Utopien zu realisieren. Ich werte das als einen Fingerzeig in die Richtung, die ich immer betone, wenn es ums informelle Lernen in Organisationen geht: Wertschätzung, Transparenz und für alle gültige Normen sind Voraussetzung, um informelle Lernprozesse ermöglichen zu können.
- e-Denkarium: Learntec: verspäteter Rückblick
- Tara's Weblog: Knowledge Blogs wissenschaftlich betrachtet
- Helge Städtler: Du hast ein Blog!? Ist das nicht riesige Zeitverschwendung?
- Mediendidaktik: Blogs: Instrumente zur Selbstbestimmung ?
Kommentare
Selbst- und/ oder Fremdbestimmung!?
Hallo Tim,
bin gerade über Dein "Fazit 1" gestolpert. Sollte man das nicht so formulieren, dass die verschiedenen Spielarten des selbst- bzw. fremdbestimmten Bloggens besser zum Ausdruck kommen? Ich hätte z.B. tendenziell das erste Fazit eher umgedreht: Knowledge Blogs, die von Organisationen "erzwungen" werden, also ausschließlich fremdbestimmtes Bloggen, sind wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt. Es braucht das Commitment der Knowledge Blogger. Aber das kann - wie der Arbeitsbericht beschreibt - in verschiedenen Formen geschehen.
Beste Grüße, Jochen
Re: Selbst- und/ oder Fremdbestimmung!?
Hallo Jochen,
danke für deine Rückmeldung. Ich hatte das Fazit 1 so formuliert, weil ich eine Beschreibung durch Negation vermeiden wollte. Dank deines Kommentars bin ich da jetzt ins Grübeln gekommen. Mmh. Vielleicht hast du recht und ich formuliere das Fazit etwas um.
Fazit 1 geändert
So, ich habe das Fazit angepasst. Ist es besser geworden?
Wer möchte, kann sich natürlich auch gerne auf der Wiki-Seite zum Thema einbringen (hint, hint ;-))
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Sensibilisieren für Knowledge Blogs
Hallo Tim,
einen sehr interessanten Artikel hast du da geschrieben. Ich bin gerade dabei Informationen über "Web 2.0 Werkzeuge in der Berufsschule" und somit auch Weblogs in der Berufsschule zu sammeln, da ich eine Arbeit darüber schreiben möchte. Mich interessieren konkrete Anwendungsmöglichkeiten von Weblogs in der Berufsschule. Oder wie man für Blogs sensibilisieren kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass Blogs im Unternehmen zunehmend an Bedeutung finden werden. Gründe habe ich in einen kleinen Artikel aufgelistet: http://bremerstudiblog.wordpress.com/2007/10/26/vorteile-fur-webblogs/ Leider habe ich diese Thesen nicht belegt. Daher habe ich zwei Fragen:
- Ist es sinnvoll in der Berufsschule auf die Vorzüge von Weblogs im Betrieb hinzuweisen, ggf. auch im Unterricht einzusetzen? Wenn ja, in welcher Art und Weise?
- Kennst Du eventuell Artikel die dieses Thema in irgendeiner Weise behandeln? Dazu muss ich sagen, dass ich seit einiger Zeit schon auf Suche bin. Das Eis ist aber in diesem Themengebiet noch recht dünn.
Gruß
ThS
Sorry für die lange Wartezeit
Hallo Thorsten,
ich habe die Antwort auf deinen Kommentar leider völlig aus den Augen verloren. Wahrscheinlich ist es jetzt zu spät, aber ich habe auch keine wirklichen Antworten.
Ob es Sinn macht, in der Berufsschule auf Vorzüge von Weblogs im Betrieb hinzuweisen, kann ich nicht sagen. Ich entsinne mich dunkel mal etwas zum Thema "Blogs in Unternehmen" gelesen zu haben. Aber meines Erachtens geht es dabei nicht um den gewerblichen Bereich sondern eher um Beratung (so etwas wie Wissensarbeiter) und um den IT-Bereich (da scheint die Affinität einfach gegeben zu sein).
-Tim
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