6 Resümee und Ausblick
Die Qualität eines computergestützten Lernprogramms steht und fällt mit dem didaktischem Konzept und der zugrundeliegenden Lerntheorie. Neben diesen fundamentalen Voraussetzungen sind das Interfacedesign und — als vollig neue Dimensionen — Multimedialität sowie Interaktivität die tragenden Elemente computergestützter Lernsysteme.
Neben der Schwierigkeit den Grad der Interaktivität einer Anwendung zu bestimmen, machen sich vor allem technische Einschränkungen wie zum Beispiel die Mensch-Maschine-Schnittstelle unangenehm bemerkbar. Seit Einführung des grafikfähigen Monitors und der Computer-Mouse hat es trotz technischer Verfügbarkeit von Geräten wie Lichtgriffel und Touch-Screen keine gravierenden Veränderungen gegeben. Doch nun scheint sich auch hier eine Losung anzubieten, denn seit kurzem ist eine vollig neue Form der Mensch-Maschine-Kommunikation verfügbar geworden: die Spracheingabe. Zur Zeit wird ein Betriebssystem (OS/2 Warp Version 4) ausgeliefert, das sich vollständig verbal bedienen läßt und zudem eine funktionierende Spracherkennung bietet. Für andere Systemplattformen sind ebenfalls Erweiterungen ähnlicher Funktionalität erhältlich.
Die Qualität der kommerziell erhältlichen Lernprogramme bot lange Zeit Anlaß zur Sorge. Glücklicherweise hat sich dies inzwischen nachhaltig geändert, haben doch selbst klassische Schulbuchverlage diesen Markt entdeckt. Auch im Hochschulbereich tut sich einiges, Einrichtungen wie die Fernuniversität Hagen setzen zum Teil Lernprogramme erfolgreich ein. Hier greift man auch oft auf Erkenntnisse aus der Forschung zur Künstlichen Intelligenz zurück. In diesem Bereich wie auch aus den Forschungen zum Künstlichen Leben sind in den nächsten Jahren weitere Impulse zu erwarten.
Als schwerwiegend dürften immer noch die Probleme zur Evaluation des Lernerfolges von Lernsoftware betrachtet werden. Aufgrund der besonderen Merkmale interaktiver Medien und den hinzugekommenen internationalen Netzwerken (vor allem das Internet) ergeben sich für den Lernprozeß neue Moglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen. Es ist keineswegs mehr eindeutig, was unter Lernerfolg zu verstehen ist. Die bisherige Sichtweise, die den Lernerfolg an der Reproduktion von Wissen bzw. der Anwendung theoretischen Wissens gemessen hat, ist geprägt durch die »alten«, klassischen Medien wie es z.B. das Buch darstellt. Sie geht jedoch nicht auf die durch die Neuen Medien geschaffenen neuen Lernparadigmen ein. Diese kognitivistisch orientierte Sichtweise versteht unter Lernerfolg meist sprachlich formulierbares Wissen. Sie geht aber in keinster Weise auf die durch die Interaktivität angestoßenen Lernprozesse ein, zumal diese sich meist nicht sprachlich formulieren lassen. Baumgartner umschreibt diese Situation mit einem Zitat der berühmten Tänzerin Isadore Duncan, die nach einer gelungenen Performance auf die Frage nach den Sinn ihres Tanzes antwortete: »Welchen Sinn hätte es zu tanzen, wenn ich es auch in Worte ausdrücken konnte?«[1]
Neben den durch den Multimedia-Boom hervorgerufenen Umwälzungen bestimmt zur Zeit die weltweite Vernetzung mittels Internet die Diskussion. Es ist noch nicht abzusehen, wie tiefgreifend der Einfluß dieser Technologie auf die Gesellschaft sein wird. Allerdings ist dieser schon heute so groß, daß selbst institutionelle Bildungseinrichtungen wie Schulen sich diesem nicht entziehen konnen. Bemerkenswert ist, daß die Vernetzung deutscher Schulen aufgrund der von der Wirtschaft geforderten Initiative »Schulen ans Netz« der Gesellschaft für Informatik (GI) vonstatten geht. Bundesbildungsminister Rüttgers tritt lediglich als Schirmherr auf.[2]
In anderen Ländern ist die Vernetzung der Schulen schon wesentlich weiter vorangeschritten. Während in Deutschland schätzungsweise zwei Prozent aller Schulen mit einem Internet-Zugang aufwarten konnen, sind es in Großbritannien beispielsweise schon 15 Prozent und in den skandinavischen Ländern gar 66 Prozent.[3] Aufgrund des (Weiter-) Bildungsbedarfs moderner Gesellschaften dürften Vernetzung und Bereitstellung von digitalen Informationen zu den essentiellen Zielen gehoren (die USA werden in den kommenden fünf Jahren allein für die Initiative »The Technology Literacy Challenge« zwei Milliarden Dollar zur Verfügung stellen). Wenn die klassischen Bildungseinrichtungen Schule und Hochschule Konzepte wie »Virtual Classroom«[4] und »Virtual Campus« nicht annehmen, konnten sie auf lange Sicht ihr Bildungsmonopol verlieren. Schon jetzt ist ein Trend weg von der institutionellen Bildung hin zur informellen Bildung und selbstgesteuertem Lernen festzustellen.